Februar: Warum mich Wien zum Weinen bringt
Mar 02, 2025 9:43 am
Hallo ihr,
Zu reisen ist ein Weg, um die blinden Stellen der eigenen Kultur mit Leben zu füllen. Das erkenne ich immer mehr - und Anfang Februar hatte ich in Wien das bisher wohl eindrücklichste Erlebnis in dieser Richtung.
Wien ist eine Stadt, in der das alte Europa noch auf eine Weise lebendig ist, die ich bisher nirgendwo sonst gesehen habe. Die Geschichte scheint dieser Stadt keine nennenswerte Wunde geschlagen zu haben. Es gibt keinen Riss in der Zeit. Und die prachtvollen Gebäude, die Fiaker, die Konzerthäuser sind kein nostalgisches Postkartenmotiv, sondern lebendige Gegenwart. Es ist ein Ort, der mich nicht nur fasziniert, sondern auch sehr traurig gemacht hat.
Warum? Weil mir darin bewusst wird, was für eine riesige Lücke das Dritte Reich und der Zweite Weltkrieg in Deutschland hinterlassen haben. Wir sprechen von Erinnerungskultur. Aber diese Erinnerung ist eine einzige: Die an das Grauen, das nicht wiederholt werden darf. Wohin können wir uns zurückverbinden? Und was macht es eigentlich mit uns, dass dort, wo ein lebendiger Traum sein sollte, der sich in die Zukunft fortsetzen könnte, nur ein großes Trauma liegt?
Für mich ist das so normal - es war schon bei meiner Geburt so. Immer. Aber dass diese Lücke, diese große Abwesenheit, kein Naturzustand ist, das hat mir Wien eindrücklich gespiegelt. Hier geht es zum ganzen Artikel.
Sonst gibt es nichts Neues. Ich bin im Prozess, sesshaft zu werden und ziehe zu meinem Partner auf die Burg Rupprechtstein in der Nähe von Nürnberg. Wer hätte gedacht, dass es so viel Arbeit ist, irgendwo zu wohnen? Schreiben ist nur noch möglich, indem ich jeden Morgen früher aufstehe und vor dem Frühstück arbeite.
Mehr bald. Viel Freude beim Lesen und Lücken füllen,
Marleen