Briefe an Irene XI - Juni 2025

Jun 09, 2025 1:15 pm

Wuppertal, Montag der 9. Juni 2025



Liebe Irene,


wie geht es Dir an diesem schönen Montag? Freust Du Dich so wie ich auf eine Woche mit Licht und Wärme? Zum ersten Mal seit Tagen wurde ich heute von heiteren Sonnenstrahlen und nicht vom gemütlichen Prasseln des Regens geweckt. Dann habe ich mich gleich angezogen und bin noch vor dem Frühstück in den Garten geeilt. Wie schrieb Ricarda Huch? »An alte Gärten denk ich, die versunken auf immer sind«. Nach 20 Jahren – und Du kannst Dich bestimmt erinnern wie verwüstet nach dem Bodenaustausch und den Ausbaggerungen unser Garten im Jahr 2004 aussah: eine einzige Lehmwüste – ist er nach mehr als 20 Jahren auch schon ein solch ein alter Garten geworden. »Wenn der Garten ein Geheimnis wäre und wir es schaffen würden hineinzukommen, dann könnten wir sehen, wie die Pflanzen jeden Tag wachsen, und wir könnten sehen, wie viele Rosen noch am Leben sind.« (Frances Hodgson Burnett)


Frisch gewaschen gehe ich aus dem Haus zwei Stufen hinunter in unseren kleinen Hof, laufe über den frisch gewaschenen Kalksplitt. Unter mir knirscht es und ich mag dieses Geräusch sehr, es ist hell und lebendig. Zum Garten geht es neben der alten Schmiede und Pliesterei (Feinschleiferei) hinunter. Rechts strahlen neben den noch unbefensterten Öffnungen des alten Gebäudes unsere beiden Rambling Rector Rosen nun in ihrer vollsten Blüte. Wie überquellende Cheerleader-Puschel, in ganzen Wolken von gelb leuchtenden, kräftig weiß bemantelten Blüten hängen die Äste schwer an der Wand herunter. Die an der rostroten Ziegelmauer links wachsende Rose habe ich von Anfang an anders geschnitten als die rechte, sie ist nicht so sehr nur nach oben gewachsen, sie blüht auf der ganzen Fläche weiß und bezaubert mich mit ihrem linden Anblick. Ein weißes Wunder. Jedes Jahr nehme ich mir vor, die Blüten zu zählen, scheitere aber schon bei einem einzigen Zweig an der Zahl 150. Von diesen Zweigen hängen Dutzende an der Wand und werden von den fleißigen Hummeln und Bienen umschwärmt. Aus den beiden Rosen wachsen nun schon die neuen Triebe hervor, jedes Jahr bewundere ich diese Kraft, mit der die Ramblerrosen ein bis vier Meter in den Himmel wachsen.


Unterhalb der Rosen befindet sich nun das erste Blumenbeet, in dem jetzt der Storchschnabel blau blüht; der Salbei ist jetzt, Anfang Juni endgültig aus seinem Winterschlaf erwacht und treibt seine dunkelblauen Rispen in den Himmel, wo schon die krapprosa Blüten der Lichtnelke auf ihn warten. Die Lichtnelke betört nicht nur durch ihre unfotografierbar pinkfarbenen Blüten, sie schenkt dem Betrachter auch durch ihr mattsilbernes Laub den Anblick ihrer Schönheit. Es folgt eine weitere Treppe, rechts liegt das Beet nun etwas höher und ich streichele mit meiner Hand über die verschiedenen Sorten von Thymian, die wir ganz nah an die Ziegelmauer gepflanzt haben, damit sie auch noch abends von der Wärme profitieren, die die am Tage aufgeladene Mauer in die kühle Abendluft abgibt. Hinter dem Thymian schimmert es blau von Lavendelblüten, neben dem Thymian sieht man das Licht der Sonne mit den lanzenartigen Blättern der Montbretie spielen, es ist ein einziger Genuss. Ich rieche an meiner Hand, der Duft nach Südfrankreich und Italien beruhigt mich. Umberto Eco schrieb in seinem berühmtesten Roman ›Der Name der Rose‹, »die Schönheit des Kosmos bestehe nicht nur aus der Einheit in der Vielfalt, sondern auch aus der Vielfalt in der Einheit.« Schaue ich mich so um, kann ich die Vielfalt der Natur nur bewundern. Von den über hundert verschiedenen Geranien (Die Mehrzahl von Geranium musste ich erst nachschlagen) haben wir nur fünf verschiedene im Garten, aber diese unterscheiden sich bereits sehr. In den feinen Linien, die in die Blütenblätter gewirkt sind, natürlich in ihren Farben, die alle Nuancen wiedergeben, die auf einer schönen Malerpalette von Weiß bis Dunkelviolett reichen.


Ich setze mich auf die Mauer, die ich selbst aus Ziegelsteinen der alten Wuppertaler Schnapsbrennerei Köhler hochgemauert habe und blicke auf unseren Gemüsegarten. Von den 10 gepflanzten Kohlrabi haben die Schnecken uns noch vier gelassen. Das ist manchmal anstrengend. Schnecken sind die größte Plage des Gemüsegärtners. Dafür hat der Regen unseren Erdbeeren gut getan, man sieht, dass die Früchte nun auch ein wenig ins Volumen wachsen. Dicht an dicht betten sie sich auf das Stroh, das wir ihnen unterlegt haben. Auch die Zwiebeln und der bunte Mangold stehen gut da, ebenso der Salat und die Buschbohnen. Jetzt kann es gerne ein wenig wärmer werden, vor allem Nachts, dann kommt alles mehr ins Wachstum.


Man merkt, dass schon einige Tage im Juni verstrichen sind. Unser Garten liegt unterhalb der Häuser, die vor uns an der Straße stehen. Zu dem Grundstück darüber steht eine große Bruchsteinmauer aus Ruhrsandstein, vor diese haben wir vor achtzehn Jahren zwei Ispahan-Damaszenerrosen aus der Zucht von David Austin gepflanzt, die eigentlich nur knapp über anderthalb Meter hoch wachsend, nun die ganze Wand mit Rosa Blüten überwuchern. Auch die Ispahan-Rose wächst nur am zweijährigen Holz, damit jedes Jahr die ganze Wand rosafarben strahlt, ist jedes Frühjahr ein intensiver Schnitt erforderlich.


Die im Mai (Brief an Irene X - Mai 2025) gekauften und vor die Rose gepflanzten Stauden sind nun alle erblüht und es ist dem Anschein nach gelungen, in dem Beet eine große Abwechslung und Harmonie zwischen den verschiedenen Blätter- und Blütenfarben und -formen zu erschaffen. Auch dieses Beet liegt etwas erhöht und auch vor diesem Beet steht eine kleine Mauer. 


Du kannst Dir bestimmt denken, Irene, dass ich gerne mauere. Das Mauern liegt in der Familie. Dein segenswerter Bruder Johannes war Maurer, zwei Brüder meines Vaters waren Maurer. Es liegt uns im Blut und das Arbeiten mit gebrauchten Ziegelsteinen ist schön und hat immer auch etwas Philosophisches, da sich aus den kleinen Steinen große Dinge bauen lassen. Als wir 2004 das Haus kauften, war ziemlich klar, dass ich keinen Garten mit Gefälle wollte, sondern einen mit vielen Ebenen und Stufen, die man hinauf und hinab laufen kann. Also sah ich mich in den folgenden Jahren um, ob irgendwo abgerissen wurde. So kommt es, dass die erste Treppe aus Ziegelsteinen erbaut wurde, die aus der großen Gummifabrik Vorwerk hier in Wuppertal stammten, für einen Zwanni konnte ich sie mir vom Schuttberg in den Anhänger laden. Auch die Bruchsteine für eine Mauer stammen aus dem Fundament der einstmaligen Bürovilla des Gummidichtungsproduzenten hier in Wuppertal-Lichtscheid. Später sah ich, dass die Signal- und Reparaturwerkstätten der Bahn an der Kluse abgerissen wurden, aus diesen Steinen entstanden weitere Meter Mauer. Auch die Höhe der Mauer bietet Spielraum für Abwechslung und Rhythmus, ebenso kann man die Mauer nicht nur in gerader Linie errichten, sondern sie auch einmal um einen Stein nach hinten oder vorne versetzen. So entstanden Jahr um Jahr im Garten neue Flächen rund um unser quadratisches Gemüsebeet, das zunächst von Buchsbaumhecken und nun von Eibe umstanden ist.


Ich muss an Deinen Garten denken. Du hattest ebenfalls immer einen Sinn für Blumen und einen Sinn für das Praktische. Ebenso wie Deine Mutter, meine Großmutter. Sie hatte eine ungewöhnlich große Gestalt und ihr Bild, wie es sie noch am Ende ihres Lebens beinahe jeden Tag in den Garten zog ist mir in Erinnerung geblieben. Bei ihr muss ich an das ´denken, was Bettine von Arnim über ihre Großmutter Sophie von la Roche schrieb: »Es gibt doch keine edlere Frau wie die Großmutter! – Wer den wunderschönen Blitz ihres Auges verkennt, wenn sie manchmal sinnend mitten im Garten steht und späht nach allen Seiten und geht dann plötzlich hin, um einem Zweig mehr Freiheit zu geben, um eine Ranke zu stützen – und dann so befriedigt in der Dämmerung den Garten verläßt, als habe sie mit der Überzeugung alles gesegnet, daß es fruchten werde.« Dass es fruchten werde. Der Garten war eine Idee und ein großer Traum, und wie alle Ideen in unserem Leben, begann er mit einer ersten Pflanze und mit einem ersten Stein, den ich auf ein tiefes Fundament setzte, damit er dauerhaft stehen möge. Frostfrei und stetig. Viele Pflanzen sind, wie manche Idee eben auch, in den letzten Jahren abgestorben, aber wenn wir nicht an einem Sommertag im Jahre 2004 begonnen hätten, stände ich jetzt an diesem schönen Montagmorgen nicht im Garten und würde mich an dieser bunten Pracht erfreuen. Nur aus dem was man einpflanzt, kann auch etwas Schönes entstehen. Aus den letzten zwanzig Jahren Arbeit im Garten nehme ich mit, was Ralph Waldo Emerson über die Schönheit des Arbeitens im Garten schrieb: »Mir ist kein besseres Mittel bekannt, die Unruhe & den Verdruss zu besänftigen, in die mich zu langes Sitzen, zu vieles Reden unweigerlich versetzen, als die Arbeit. Ich habe keinen animalischen Geist, deshalb sinkt mein Herz, wenn durch Besuch überrascht und für etliche Stunden an den Stuhl gefesselt, meine Stirn umwölkt sich, und ich habe den Wunsch, nach Acton Woods zu laufen und fortan mit den Eichhõrnchen zu leben. Doch mein Garten liegt näher, und die gute alte Hacke rächt meine Verfehlungen, wenn sie in den Boden sticht; so dass ich weniger Lust verspüre, meine Feinde zu beißen. Ich gestehe, zuerst arbeite ich mit ein wenig Giftigkeit, lege ein wenig zu viel unnötige Kraft hinein. Doch glätten sich die Buckel, glättet sich auch meine Stimmung: rupfe ich die langen Wurzeln der Kriechquecke aus, ziehe ich mir die eigenen Splitter raus; und in kürzester Zeit kann ich das Lied des Bobolinks hören und die glückselige Flut von Licht & Farbe sehen, die mich umbraust.« Ein Brausen höre ich jetzt nicht, aber ich spüre den sanften Wind, der mich und die Blumen im Garten umspielt. Jetzt beginnt der Sommer, in dem alle gepflanzten Hoffnungen sich in Früchte verwandeln. So dass wir im Herbst vielleicht wie Sarah Orne Jewett die Hacke in die Hand nehmen können: »Daher schlenderte ich nach draußen, fand die Hacke am Brunnenhaus und einen alten Spankorb vor der Tür zum Holzschuppen und auch meinen Weg zum Acker, wo ich in einer Ecke ein großes viereckiges Stück Land voller Kartoffelstauden und Unkraut und hohen Kreuzkrautes sah. Die eine Ecke war schon aufgehackt, und ich wählte mir eine Furche, wo die Stauden gehörig welk waren. Wenn sich angesichts der Schätze in einer guten Kartoffelfurche alle Hoffnungen erfüllen, empfindet man die gleiche Genugtuung wie bei der Goldgräberei.«


Eigentlich hatte ich Dir noch so viel erzählen wollen, über die Emanzipation in Anne Brontës ›Herrin von Wildfell Hall« und wie sie geschickt in die Beschreibung einer Christrose ihre Lebensgeschichte einbettet und wie sie den Mut fasst, ihr gegenüber selbst zur Liebe aufzufordern.


Aber vielleicht hast Du ja Lust mit mir nachzuempfinden, warum Buchhandlungen Dekompressionskammern sein können, die uns mit ihren hyperbaren poetischen Buchstofftherapien helfen, dem Druck des Lebens zu widerstehen? Dann schau einmal hier

https://cronhill.de/blog/dekompressionskammer.html


Gestern hatte ich einen sehr schönen Tag mit meinem Freund Arne und der Büchermeile auf der Kö in Düsseldorf, wenn Dich jetzt schon interessiert worüber ich vielleicht in vier oder fünf Jahren schreibe, schau mal hier. Ganz besonders freue ich mich hier auf Inoue Yasushis ›Die Berg-Azaleen auf dem Hira-Gipfel‹ und auf ›Sag’ ich’s euch, geliebte Bäume‹, einer Sammlung von Texten erschienen im Manesse Verlag.

https://cronhill.de/blog/tsundoku-buecherstapeln-im-regal-2.html


Die Arbeit im Garten geht weiter und er ist in einem ständigen Fluss. Er hilft mir dabei nicht stehen zu bleiben, weiterzugehen, wenn auch manchmal nur in ganz kleinen Schritten. Im Veilchenlied von Mozart, Text von Johann Wolfgang von Goethe heißt es so schön mit »leichtem Schritt und munterm Herz«, das fällt nicht immer leicht. Aber dann denke ich an Anne Brontë, an die gesamte Familie Brontë, was sie als Geschwister erschaffen haben, wie schwer das Leben gewesen sein muss und mit wie viel Liebe sie ihre Romane erfüllt haben. Sie schrieb: »Nicht so wohl duftend wie eine Sommerblume ist diese Rose, doch hat sie Mühsale durchgestanden, die von jenen (von den Rosen, Anmerk. d. Verf.) keine ertragen könnte. Der kalte Winterregen war ihr genug, sich zu ernähren, und die schwache Wintersonne reichte ihr, sich zu erwärmen; die rauhen Winde knickten nicht ihren Stiel und ließen sie nicht verbleichen, und der beißende Frost zerstörte sie nicht. (...)«


Der Tag wird schön und Dir wünsche ich wunderschöne Tage. Denk daran, noch zwei Wochen werden die Tage länger, also genieße sie und jede Stunde.


Viel Glück und Segen - bleib stark!


Dein Thomas


--


Quellen:


Zwei Gärten


(...)


Ein Garten war, da blühten Georginen  

Im Purpurflor  

Und Sonnenblumen mit des Cherubs Mienen  

Am offnen Tor.


Mohnpuppen kamen auch, die schön berockten,  

im grünen Schal,

wenn die Holunderblütenküchlein lockten,  

zu duftgem Mal.


Der weiße Elefant verbarg im Grase  

sein Rosenrohr,  

das rote Bällchen sich als Seifenblase  

im Blau verlor.


Es weht mich an, Erinnerungen trunken,  

der Mittagswind.  

An alte Gärten denk ich, die versunken  

auf immer sind.


Huch, Ricarda : Zwei Gärten. In: Reiners, Ludwig (Hrsg.) und von Schirnding, Albert (Hrsg.) : Der ewige Brunnen: ein Hausbuch deutscher Dichtung. Jubiläumsausgabe. München: C.H.Beck, 2005. Seite 350


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»Die Sonne scheint auf den Regen und der Regen fällt auf die Sonnenstrahlen, und alles rührt sich unter der Erde und wächst nach oben. (...) Wenn der Garten ein Geheimnis wäre und wir es schaffen würden hineinzukommen, dann könnten wir sehen, wie die Pflanzen jeden Tag wachsen, und wir könnten sehen, wie viele Rosen noch am Leben sind.«


Hodgson Burnett, Frances; Mayer, Felix (Übers.) : The Secret Garden = Der Geheime Garten, Zweisprachige Ausgabe; Anaconda, Köln 2021, Seite 285


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»Eines Tages trat ich ihn im Garten, wo er anscheinend vollkommen ziellos umherschlenderte, als hätte er Gott nicht Rechenschaft abzulegen über sein Tun. In Melk war mir eine andere Art von Zeitvertreib beigebracht worden, und ich sagte ihm das. Woraufhin er mir antwortete, die Schönheit des Kosmos bestehe nicht nur aus der Einheit in der Vielfalt, sondern auch aus der Vielfalt in der Einheit. Mir kam diese Antwort recht fragwürdig vor, ja geprägt von einer naiven ungeschliffenen Empirie, aber später sollte ich lernen, daß Bruder Williams Landsleute häufig die Dinge in einer Weise zu definieren pflegen, in welcher das klare Licht der Vernunft keine allzu große Rolle spielt.«


Eco, Umberto : Der Name der Rose. Frankfurt am Main: Büchergilde Gutenberg, 1984, Seite 24


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»Es gibt doch keine edlere Frau wie die Großmutter! – Wer den wunderschönen Blitz ihres Auges verkennt, wenn sie manchmal sinnend mitten im Garten steht und späht nach allen Seiten und geht dann plötzlich hin, um einem Zweig mehr Freiheit zu geben, um eine Ranke zu stützen – und dann so befriedigt in der Dämmerung den Garten verläßt, als habe sie mit der Überzeugung alles gesegnet, daß es fruchten werde.« 


Arnim, Bettina von; Reich, Willi (Hrsg.) : Lebensspiel. 2. Aufl., 10.-13. Tsd. Manesse-Bibliothek der Weltliteratur. Manesse-Verlag, Zürich 1985, Seite 33


»Mir ist kein besseres Mittel bekannt, die Unruhe & den Verdruss zu besänftigen, in die mich zu langes Sitzen, zu vieles Reden unweigerlich versetzen, als die Arbeit. Ich habe keinen animalischen Geist, deshalb sinkt mein Herz, wenn durch Besuch überrascht und für etliche Stunden an den Stuhl gefesselt, meine Stirn umwölkt sich, und ich habe den Wunsch, nach Acton Woods zu laufen und fortan mit den Eichhõrnchen zu leben. Doch mein Garten liegt näher, und die gute alte Hacke rächt meine Verfehlungen, wenn sie in den Boden sticht; sodass ich weniger Lust verspüre, meine Feinde zu beißen. Ich gestehe, zuerst arbeite ich mit ein wenig Giftigkeit, lege ein wenig zu viel unnötige Kraft hinein. Doch glätten sich die Buckel, glättet sich auch meine Stimmung: rupfe ich die langen Wurzeln der Kriechquecke aus, ziehe ich mir die eigenen Splitter raus; und in kürzester Zeit kann ich das Lied des Bobolinks hören und die glückselige Flut von Licht & Farbe sehen, die mich umbraust.« 


Emerson, Ralph Waldo; Brôcan, Jürgen (Übersetzer) : Tagebücher: 1819 - 1877. Erste Auflage. Berlin: MSB Matthes & Seitz Berlin, 2022. Seite 313


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»Daher schlenderte ich nach draußen, fand die Hacke am Brunnenhaus und einen alten Spankorb vor der Tür zum Holzschuppen und auch meinen Weg zum Acker, wo ich in einer Ecke ein großes viereckiges Stück Land voller Kartoffelstauden und Unkraut und hohen Kreuzkrautes sah. Die eine Ecke war schon aufgehackt, und ich wählte mir eine Furche, wo die Stauden gehörig welk waren. Wenn sich angesichts der Schätze in einer guten Kartoffelfurche alle Hoffnungen erfüllen, empfindet man die gleiche Genugtuung wie bei der Goldgräberei.«


Jewett, Sarah Orne; Schnack, Elisabeth (Übers.) : Das Land der spitzen Tannen. Zürich: Manesse Verlag, 1961. Mit einem Nachwort von Elisabeth Schnack, Seite 85f


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