🪲 Fühler ausstrecken im Juli
Jul 13, 2025 9:58 pm
Hallo!
Mein schlechtes Gewissen wiegt gefühlt 138 Kilo und besteht aus Holz. Sehr fein geschnittenem Holz. Ok, es ist Papier. Na gut, Bücher. Stapelweise Bibliotheksbücher, alles natürlich unbedingt notwendiges Recherchematerial, um daraus mein neues Buch zu destillieren.
Am Donnerstag war es wieder so weit: Ich buckelte einen prall gefüllten Sack quer durch die Stadt, unter anderem „Die Sinne der Tiere“, „Insect behavior“, „Das beseelte Tier“ (aus dem noch freundlich ein Klebchen von meiner letzten Ausleihe grüßte) und die nicht weniger schwergewichtige Frage, wann ich das eigentlich alles lesen soll. Daheim angekommen, sortierte ich sie brav zu den anderen 20 angefangenen und ungelesenen Ausleihen. Hätten Bücher Augen, ihre Blicke würde ich nicht aushalten. Angeblich ist Papier ja geduldig, aber wirklich sicher bin ich mir da nicht.
Meine Empfehlungen in diesem Monat
So viel Fachlektüre immer! Ich freu mich richtig, wenn ich dann noch etwas lesen kann, das nichts mit Recherche zu tun hat (und das nicht auf dem alle Aufmerksamkeit einsaugenden Handybildschirm passiert). Ich kann übrigens auch ganz schlecht Dokus gucken und sicherlich entgeht mir dadurch viel, aber das ist für mich irgendwie eine falsche Kombination aus Berieselung und Arbeit. Hier also drei Empfehlungen, die zuletzt meine Freizeit zu Qualitäts-Freizeit gemacht haben.
📚 Morgen, morgen und wieder morgen (Gabrielle Zevin)
Sam und Sadie wachsen in den 90ern in den USA auf. Sie sind sehr unterschiedlich, doch eins verbindet sie: die Leidenschaft für Computerspiele. Jahre später entwickeln sie zusammen Games, sie werden erfolgreich – und mit dem Ruhm wachsen die Risse, die sich bereits zart zu Beginn ihrer Beziehung zeigten. "Morgen, morgen und wieder morgen" ist eine unheimlich tolle Geschichte über Freundschaft und darüber, was Gaming sein kann. Mich hat nicht nur das Setting begeistert, sondern auch die Figuren und die Erzählweise der Autorin. Entstaubt eure Konsolen! Ihr werdet sie nach der Lektüre wehmütig anschalten.
📚 Alles muss man selber falsch machen (Alena Schröder)
Meine liebe Freundin Alena macht zusammen mit Till Raether den Entlastungspodcast "sexy & bodenständig", der vor allem schreibende Menschen entlastet. Die beiden sprechen über all die beglückenden, herausfordernden, nervigen, herrlichen Dinge, die einem passieren, wenn man Worte zu Papier bringen will. Bevor Alenas neuer Roman im kommenden Frühjahr erscheint, gibt es nun diesen Sammelband ihrer Kolumnen, die sie in den vergangenen Jahren für verschiedene Medien geschrieben hat. Der ist quasi ein Entlastungsbuch fürs Leben. Kleine, leichte Texte über Alltagsphänomene wie Eiskugelpreise und Brotschneidemaschinen, die sich super am Strand wegsnacken lassen. Perfekte Urlaubslektüre!
Dieser Film ist zwar schon ein paar Tage alt, aber es ist Sommer und Feiluftkinosaison und Blood & Sinners (oder im Original nur Sinners) wurde für beides geschaffen. Es ist ein Film über die Wurzeln des Blues auf den Baumwollplantagen von Mississippi, überhaupt über Musik, und über Vampire. Klingt mindestens gewagt, funktioniert aber richtig, richtig gut. Regisseur Ray Coogler, der auch schon Marvels Black Panther verantwortete, hat auch hier wieder viel Sozialkritik untergebracht, finde ich zumindest, und der Soundtrack ist bei dem Thema natürlich fantastisch! Aber apropos Thema. Es ist ein Vampirfilm. Mit allem Blut, das dazugehört. Ich sags nur nochmal.
Was ich jetzt auch auf meiner Bucket List abhaken kann: eine Einladung zur Berlin Fashion Week ausschlagen (leider! aber wir waren im Urlaub...). Dort hat der Comiczeichner Simon Schwartz seine gezeichnete Karl Lagerfeld-Biografie vorgestellt. In der aktuellen Folge unseres Podcasts Optisch Definiert hat Simon von der Arbeit an dem Comic erzählt und auch, wie er gleichzeitig seine monatliche Comic-Kolumne in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung jongliert hat, Ausstellungen gestaltete und ein Privatleben führt. Hier und auf allen gängigen Podcast-Plattformen kann man die Folge nachhören. Mit Karl Lagerfeld verbindet ihn sogar mehr als ein Buch: Seine Zeitungskolumne hat Simon von dem Mode-Zaren übernommen.
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Und von mir gibt es auch mal wieder Journalistisches online: Für das Goethe-Institut hab ich erklärt, was Biodiversität ist. Gar nicht so leicht, das ohne Zähneknirschen zu schaffen, weil ihr Zustand bei uns an vielen Stellen echt haarsträubend ist. An ähnlicher Stelle durfte ich auch über das Grüne Band schreiben, einem der spannendsten Naturschutzprojekte Deutschlands.
Wir lesen uns im August wieder! Ehrlich gesagt hoffe ich ja noch auf ein paar Tage wie gestern, an denen es von morgens bis tief in die Nacht leise durchnieselt, mit einer Pause dazwischen, in der man kurz in den Wald schlüpfen kann, um all dessen Sommerregengerüche aufzusaugen. Wobei ich auch nichts gegen ein paar warme Freiluftkinoabende hätte. Mach's gut und genieß den Sommer!
Caro