🪲 Fühler ausstrecken im Mai
May 13, 2025 5:31 am
Hallo,
diese Newsletter sollte besser "Flügel ausstrecken im Mai" heißen: Es ist Mai, es tschilpt und säuselt da draußen und wie im vorigen Newsletter angekündigt, will ich deshalb mal nur über Vogelstimmen schreiben! Oder zumindest fast nur.
Drei Jahre ist es her, dass ich um diese Zeit in den letzten Zügen von "Wanderer zwischen den Welten" lag. Ich weiß jetzt noch, wie ich damals vor Sonnenaufgang aus dem Haus ging und mit den ersten Sonnenstrahlen meine Nachbarschaft erkundete. Das passiert sonst nie, ich bin eher Eule als Lerche, also hat es mich nachhaltig beeindruckt. Es war nämlich, als wär ich durch ein Dimensionstor getreten: Dieses gelbgoldene Licht, die klare Luft, und vor allem: dieser Sound! Nachtigall, Teichrohrsänger, Kuckuck, Rotkehlchen, Gartenrotschwanz, Mehlschwalbe: Um diese Zeit gehörte die Stadt nur ihnen.
Ich hab ein ganzes Buch über Vögel geschrieben, aber ich gebe zu: Bis heute besitze ich kein odentliches Fernglas (und auch keine Kameraoptik, um sie ordentlich zu fotografieren). Hören war mir wichtiger als sehen. Während ich mich mit den Vögeln vertraut gemacht habe, ging es mir vor allem darum, ihre Stimmen zu erkennen. Was ich damals gelernt habe, bereichert mich bis heute. Deshalb und auch, weil ich des öfteren danach gefragt werde, kommen hier meine ultimativen Tipps zum Vogelstimmenlernen.
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Der erste Tipp lautet: Neue Vogelstimmen lernt man am besten im frühen Frühjahr, wenn nur die Überwinterer da sind oder die ersten Rückkehrer aus dem Süden eintrudeln. Dann lassen sich ihre Stimmen noch am leichtesten auseinanderhalten. Das heißt auch: Du bist eigentlich schon zu spät dran. Aber hey! Du kannst natürlich auch immer noch jetzt anfangen, aber dann lass dich nicht verunsichern.
Denn der zweite Tipp ist: Übernimm dich nicht! Lerne nur 2-3 Stimmen pro Saison. Dann erkennst du sie sicher immer wieder und auch dann, wenn du dir in der nächsten Saison 2-3 neue Stimmen raufschaffst... Und so baust du dir über die Jahre einen festen Grundstock auf.
Für den dritten Tipp musst du wissen, wie du im Wecker auf deinem Handy eigene Sounds einstellst. Dann suchst du dir eine beliebige Vogelart aus und lädst dir deren Gesang aus dem Tierstimmenarchiv des Berliner Naturkundemuseums runter. Den stellst du dir als Weckmelodie ein und schon nach wenigen Wochen wird sich die Stimme dieses Vogels für immer in dein Hirn gebrannt haben. Für dich getestet!
🤖 Apps: BirdNet, Naturblick
Diese beiden Apps nutze ich, um Vogelstimmen per Handy zu erkennen. Sie sind kostenlos und keine Datenkraken und außerdem richtig einfach zu bedienen: Anwerfen, draufhalten, auswerten lassen. Und anschließend gegenprüfen. Auch die Merlin Bird ID-App soll sehr gut sein, mir reichen allerdings diese beiden.
💸 Noch ne App: Kosmos Vogelführer
Diese App ist eigentlich ein Buch, nämlich der ziegelsteingroße Kosmos Vogelführer runtergeschnurrt auf Appgröße, und deshalb grandios. Kein Rumschleppen, stattdessen hat man alles Wissen aus dem Almanach immer griffbereit und anders als das Buch enthält es auch noch Gesänge und Rufe aller Arten. Wie das Buch kostet die App einmalig knapp 20 Euro, aber es ist gut angelegtes Geld und sie lässt sich dann wie ein Buch auch offline nutzen.
📚 Vögel bestimmen mit den Ohren (Philipp Herrmann)
Dieses Buch habe ich bereits im vorigen Newsletter empfohlen. Der Autor stellt die häufigsten und einprägsamsten Vögel vor, die einem in urbanen Räumen begegnen können, und er bietet auch noch eine Whatsapp-Vogelstimmenhotline an. Wenn du im Bücherregal keinen Platz mehr hast: Er ist auch auf Social Media als @dervogelphilipp unterwegs.
📻 Podcast: Gut zu Vögeln
Keine Ahnung, wie oft ich bei Lesungen schon so etwas wie "kennt sich gut mit Vögeln aus" gesagt hab und gleichzeitig dachte, Grundgütiger, hoffentlich verstehen jetzt auch alle, dass die Tiere gemeint sind. In "Gut zu Vögeln" wird jedenfalls in jeder Folge ein Vogel porträtiert, und das äußerst liebevoll und leidenschaftlich.
📚 Singt der Vogel, ruft er oder schlägt er (Peter Krauss)
Dieses Buch ist keine Lernhilfe, sondern einfach nur unterhaltsam. Für uns Menschen ist es schließlich ziemlich mühsam, Vogelgesang treffend zu beschreiben. Manche haben es musikalisch versucht, "Wanderer zwischen den Welten" wird mit so einer Notenzeile eingeleitet. Peter Krauss hat dagegen ein "Handwörterbuch der Vogellaute" angelegt. Amseln zum Beispiel: Sie schnirpen, orgeln und ticksen. Das Birkhuhn krolzt, pullert und bautzt. Lerchen dirdiliren, läuten und quinkelieren. Und die Nachtigall kräuselt, girrt und trilleriert.
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Ok, an dieser Stelle kann ich es ja zugeben: Diesen Newsletter wollte ich eigentlich schon vor einem Monat schreiben. Vor einem Monat war ich allerdings für eine Woche in Frankreich und exakt an dem Morgen, an dem die Mail hätte rausgehen sollen, wurde ich von einer empörten Heckenbraunelle daran erinnert. Die klirrte irgendwo über den Straßen von Paris, während ich im Halbschlaf aus dem Hotelbett heraus versuchte, die BirdNet-App zu bedienen.
In Paris und Frankreich war ich, weil dort der erste Band von Ingos neuer Comicserie METROPOLIA erschienen ist und Ingo zu einer kleinen Signiertour eingeladen war, auf der ich ihn begleitet habe. METROPOLIA spielt in Berlin im Jahr 2099. Es ist eine mehrteilige Krimiserie von Fällen des Privatermittlers Sasha Jäger, aber es geht auch um die Vision unserer nicht allzu fernen Zukunft: Wie werden Klimawandel, KIs und Androiden den Alltag bestimmen?
METROPOLIA ist jetzt auch auf deutsch erschienen. Neulich war Ingo bereits in einem Interview auf radio3 zu hören. Am 5.6. stellt er METROPOLIA außerdem im Modern Graphics in Berlin vor. Kommt vorbei! Eintritt ist frei.
Und wo wir gerade bei Comics sind: Es gibt diesmal gleich zwei neue Folgen von "Optisch Definiert", dem Podcast übers Comics machen! Wir haben mit Birgit Weyhe gesprochen, die für ihre Bücher mit schon so ziemlich allem ausgezeichnet wurde, womit man für Comics ausgezeichnet werden kann. Trotzdem fühlt sie sich oft als Hochstaplerin: Weil sie eigentlich aus der Literatur kommt und Comics auf ihre ganz eigene Weise angeht. Wie Birgit das macht, erzählt sie hier.
Und wir haben mit Arne Jysch gesprochen, der den Roman "Der nasse Fisch" von Volker Kutscher als Comic adaptiert hat, auch bekannt als Serie "Babylon Berlin" (schon wieder Berlin!). Arne ist auch selbst im Filmgeschäft unterwegs, zum Beispiel als Storyboard-Zeichner, aber auch als Second Unit-Regisseur. Was das eigentlich ist und was Storyboard von Comic unterscheidet, verrät Arne hier.
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Ich wünsche dir einen wunderbaren Frühling und hoffe, du kannst ihn in all seinen Grünschimmern, Vogeltschirpen und Blütendüften genießen. Und natürlich wünsche ich dir viele bereichernde Vogelbegegnungen!
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Wir lesen uns im Juni wieder. Bis dahin alles Gute!
Caro